Die Marienkäfer (Coccinellidae) sind eine weltweit verbreitete Familie halbkugeliger, flugfähiger Käfer, deren Deckflügel meist eine unterschiedliche Anzahl von auffälligen Punkten aufweisen. Viele Arten ernähren sich von Blatt- und Schildläusen.
Die Marienkäfer sind bei der Bevölkerung beliebt und tragen die unterschiedlichsten Namen in der jeweiligen lokalen Umgangssprache. Die Beliebtheit begründet sich unter anderem darin, dass sie im Gartenbau und der Landwirtschaft nützlich sind, da sie allein in ihrer Larvenzeit je nach Art bis zu 3.000 Pflanzenläuse oder Spinnmilben fressen. Sie sind in ihrem Aussehen variabel, was ihre Bestimmung erschwert. Dieselbe Art kann in dutzenden Mustervarianten auftreten. Manche, wie etwa der Luzerne-Marienkäfer, erreichen sogar über 4.000 gezählte Varianten. Früher wurden diese Varianten innerhalb derselben Art mit eigenen Namen belegt, beispielsweise beim Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia bipunctata) mit über 150 Bezeichnungen, die allerdings heute nicht mehr verwendet werden und wissenschaftlich bedeutungslos sind. Wird die Bestimmung schwierig (etwa innerhalb der Unterfamilie Scymninae), kann man nur anhand der Genitalorgane eine zuverlässige Bestimmung der Arten durchführen. Neben den Genitalien sind die Kopfkapsel, der Kopfschild und die Fühleransätze ebenfalls zuverlässige Unterscheidungsmerkmale ähnlicher Arten.
Die Käfer können gut fliegen und erreichen 75 bis 91 Flügelschläge pro Sekunde. Manche Arten wie Calvia decemguttata werden in der Nacht durch künstliches Licht angelockt. Dies lässt auf nächtliche Ausbreitungsflüge schließen.
Inhaltsverzeichnis
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* 1 Merkmale
o 1.1 Färbung
o 1.2 Punkte
o 1.3 Larven
o 1.4 Sexualdimorphismus
* 2 Ernährung
* 3 Vorkommen
* 4 Verbreitung
o 4.1 Wanderzüge
* 5 Fortpflanzung und Entwicklung
o 5.1 Kopulation
o 5.2 Eier
o 5.3 Entwicklung der Larve
o 5.4 Vermehrung und Lebenserwartung
o 5.5 Überwinterung
o 5.6 Hybridisierung
o 5.7 Voltinismus
* 6 Natürliche Feinde
* 7 Der Marienkäfer und der Mensch
o 7.1 Marienkäfer in der Dichtung
o 7.2 Der Schädlingsbekämpfer
o 7.3 Der Käfer als Schädling
* 8 Gefährdung und Schutz
* 9 Systematik
o 9.1 Verhältnis zu anderen Käferfamilien
o 9.2 Unterschiede zwischen den Unterfamilien
o 9.3 Taxonomie der Familie der Marienkäfer
+ 9.3.1 Unterfamilie Coccidulinae
+ 9.3.2 Unterfamilie Coccinellinae
+ 9.3.3 Unterfamilie Scymninae
+ 9.3.4 Unterfamilie Ortaliinae
+ 9.3.5 Unterfamilie Chilocorinae
+ 9.3.6 Unterfamilie Sticholotidinae
+ 9.3.7 Unterfamilie Epilachninae
* 10 Quellen
o 10.1 Einzelnachweise
o 10.2 Literatur
* 11 Weblinks
Merkmale
Es gibt auch gelb gefärbte Marienkäfer
Es gibt auch gelb gefärbte Marienkäfer
Die Körpergröße der stark gewölbten, kurzen, halbkugelförmigen oder ovalen Käfer variiert von 1 bis 12 Millimetern. Der Kopf, die Brust sowie die Unterseite sind meist schwarz gefärbt. Es gibt aber auch Käfer mit hellbraunen oder rostbraunen Unterseiten. Die Farbe des Kopfes richtet sich meist nach der Farbe des restlichen Körpers und kann sehr unterschiedlich sein. Die Fühler sind relativ lang, meist elfgliedrig und am Ende keulenförmig verdickt. Es zeichnet sich aber ab, dass sich die Fühlerglieder reduzieren. So haben etwa die Antennen der Chilocorini nur acht oder neun Glieder und sind deswegen kürzer. Die Enden der Kiefertaster mitteleuropäischer Arten sind beilförmig. Die Mandibeln sind aber allgemein zwischen den verschiedenen Arten äußerst unterschiedlich, da die Tiere sich an die jeweilige Nahrung angepasst haben. Einige Arten haben einen behaarten Körper, doch die Flügeldecken der bekanntesten Arten sind ohne Struktur und völlig glatt. Bei manchen Arten (beispielsweise Chilocorini) ist der Rand der Flügeldecken mehr oder weniger stark hinaufgebogen.
Die Beine sind im Bau nicht viel anders als die anderer Käfer. Die Tarsen bestehen ebenfalls aus vier Gliedern, von denen aber das zweite stark gelappt und das dritte oft klein ausgeprägt ist.
Färbung
Vierundzwanzigpunkt-Marienkäfer (Subcoccinella vigintiquatuorpunctata)
Vierundzwanzigpunkt-Marienkäfer (Subcoccinella vigintiquatuorpunctata)
Die Körperfarbe kann von hellbeige über gelb, orange, alle Brauntöne, rosa, rot bis zu schwarz variieren. Die bekanntesten Vertreter der Marienkäfer haben rote, gelbe, schwarze oder braune Flügeldecken. Der in Deutschland bekannteste Marienkäfer, der Siebenpunkt (Coccinella septempunctata), verdankt seine Farbe Lycopin, das auch die Tomaten rot färbt und α- und β-Carotin, die auch für die Farbgebung der meisten anderen Arten wichtig sind. Die schwarze Farbe wird durch ein Melanin erzeugt. Bei frisch geschlüpften Tieren zeigt sich ihre Färbung erst nach einigen Stunden. Sie sind am Anfang fast weiß oder gelblich. Bei der Art Sospia vigintiguttata sind die Käfer im ersten Jahr braun und färben sich erst während der Überwinterung schwarz. Umwelteinflüsse beeinträchtigen die Verfärbung. Ab Temperaturen unter 20 °C kann sie auftreten und wird durch hohe Luftfeuchtigkeit beschleunigt und durch starke Lichteinstrahlung verringert.
Bei manchen Arten kommen auch verschiedene Färbungen innerhalb der Art vor, so gibt es den Zweipunkt rot mit schwarzen Punkten, aber auch seltener umgekehrt als schwarzen Käfer mit roten Punkten (Melanismus). In maritimen, feuchten Gegenden und in großen Ballungszentren mit ausgeprägter Industrie entwickeln sich deutlich mehr schwarze Formen. Dies lässt auch auf die Beeinflussung durch die Umwelt schließen. Die schwarzen Formen sind dominanter als die roten, und bringen deswegen auch mehr dunkle Nachkommen zur Welt. Die rote Form des Zweipunkt hat eine höhere Überlebenschance während der Überwinterung, die schwarzen vermehren sich dafür umso besser und gleichen die Verluste aus. Der Grund hierfür ist, dass die Käfer, wie alle Insekten, poikilotherm sind. Das heißt, dass sich ihre Körpertemperatur nach der Umgebungstemperatur richtet. Schwarz gefärbte Körperteile absorbieren stärker als rot gefärbte Körperteile. Bei Beleuchtung liegt die Körpertemperatur der schwarzen Variante ca. 5,5 °C, die der roten Variante ca. 3 °C über der Umgebungstemperatur von 18 °C. Dies beschleunigt auch die Stoffwechselaktivität der Tiere. Im Winter ist dies aber wegen der großen Temperaturschwankungen von Nachteil. Ihr liegt die höhere Mortalität zugrunde.
Die auffällige Färbung dient als Warnsignal an Fressfeinde. Zusätzlich haben sie einen unangenehmen, bitteren Geschmack, der sie unattraktiv macht. Sie können bei Gefahr auch eine gelbliche Flüssigkeit aus einer Öffnung in den Gelenkhäuten absondern (Reflexbluten), die zum einen durch ihren unangenehmen Geruch Feinde vertreibt, zum anderen giftige Alkaloide (z.B. Coccinellin) enthält. Gleichzeitig stellen sie sich dabei tot (Thanatose) und ziehen ihre Beine in kleine Vertiefungen (Kehlungen) an der Körperunterseite ein. Bei bestimmten Arten der Epilachnini wird die gelbe Flüssigkeit aus speziellen Dermaldrüsen ausgesondert.
Punkte
Marienkäfer ohne Punkte
Marienkäfer ohne Punkte
Das Charakteristische an den Marienkäfern sind die symmetrisch angeordneten Punkte auf ihren Deckflügeln. Sie sind meist schwarz, es gibt aber auch Käfer, die helle, rote oder braune Punkte tragen, wobei Arten mit 2, 4, 5, 7, 10, 11, 13, 14, 16, 17, 18, 19, 22 und 24 Punkten vorkommen. Innerhalb einzelner Arten können die Punkte auch variieren. Entweder haben die Käfer keine, oder die Punkte verschmelzen miteinander so, dass fast der ganze Körper schwarz ist. Die Anzahl der Punkte gibt entgegen einem weit verbreiteten Irrtum nicht das Alter des Käfers an, vielmehr ist die Zahl der Punkte charakteristisch für jede Art und ändert sich während des Lebens des Käfers nicht. Innerhalb der nahen Verwandtschaft einzelner Arten (z.B. in der Gattung Coccinella) ähneln sich die Punktvariationen.
Larven
Larve des Zweiundzwanzigpunkt (Psyllobora.vigintiduopunctata)
Larve des Zweiundzwanzigpunkt (Psyllobora.vigintiduopunctata)
Das Erscheinungsbild der Larven ist je nach Art sehr vielfältig. Die meisten sind langgestreckt und plump. Ihre Länge variiert zwischen 1,5 und 15 Millimetern. Die meisten sind blaugrau, braun oder gelb gefärbt und haben gelbe, orangefarbene oder rote Flecken. Sie haben schwarze oder rote Warzen auf dem Körper verteilt, aus denen borstige Haare oder Dornen entspringen. Oft lässt sich von ihrer Färbung auf den ausgewachsenen Käfer schließen. So ist etwa die Larve des 22-Punkts wie der Käfer gelb und schwarz gepunktet. Sie sind bis auf die Stethorini mit einer Wachsschicht überzogen, die sie unter anderem vor Ameisen schützt. Die Larven einiger Arten (etwa die des Siebenpunkts) haben verhältnismäßig lange Beine und sehen Libellenlarven ähnlich.
Sexualdimorphismus
Bei den meisten Marienkäferarten unterscheiden sich die Geschlechter nur sehr wenig. Die Männchen sind grundsätzlich etwas kleiner und leichter als die Weibchen, doch die Werte liegen zu eng beieinander und variieren so stark, dass auf diese Weise keine Bestimmung erfolgen kann. Das fünfte Hinterleibsglied (Sternit) der Weibchen ist etwas spitzer zulaufend geformt als jenes der Männchen, es gibt aber auch Arten, wo nicht nur der Körperbau, sondern auch die Färbung unterschiedlich ist. Dies ist z.B. bei vielen Arten der Gattung Scymnus oder beim Vierzehnpunkt-Marienkäfer (Propylaea quatuordecimpunctata) der Fall. Auch beim Nadelbaum-Marienkäfer (Aphidecta obliterata) gibt es farbliche Unterschie